Psychische Störungen
Panikattacken: Extreme Angst aus dem Nichts
- Von Larissa Melville
- Medizin
- 17.07.2020
Urplötzlich beginnt das Herz zu rasen, man schwitzt, bekommt schlecht Luft und hat Angst, teils sogar Todesangst. Obwohl der Körper gesund ist, leiden die Betroffenen während einer Panikattacke extrem. Gibt man dieser Furcht nach, wird sie nur noch schlimmer. Was kann helfen?
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Bis zu vier Prozent der Deutschen leiden an Panikattacken. Sie geraten in unterschiedlichen Situationen immer wieder plötzlich in Panik, teils sogar im Schlaf. Nicht nur der Kopf spielt verrückt, sondern auch der Körper. Nach etwa zehn Minuten ist die Angst am größten, nach 30 Minuten ist alles vorbei. Obwohl den Betroffenen körperlich nichts fehlt, leiden sie enorm. Sie haben
Angst, ohnmächtig zu werden, zu ersticken, einen Herzinfarkt zu haben oder sogar zu sterben. Zudem denken viele sie werden verrückt. Nach einer Attacke sind sie erschöpft und niedergeschlagen. Hinzu gesellt sich die Furcht vor einem neuen Anfall.
Welche Symptome sind typisch?
Welche körperlichen Beschwerden während einer Panikattacke auftreten, ist individuell verschieden. Zu den häufigsten Symptomen zählen:
- Angst
- Schwitzen, Hitzewallung, Kälteschauer
- Herzrasen, Herzklopfen
- Atemnot, Beklemmungsgefühl
- Zittern
- Schwindelgefühl
- Brustschmerzen
- Übelkeit, Unwohlsein
- Mundtrockenheit
- Missempfindungen
- Gefühl der Unwirklichkeit und Entfremdung
Herzrasen, Atemprobleme,
Schwindel und Co. sind beängstigend, die Betroffenen fühlen sich ihnen hilflos ausgesetzt. Doch man muss sich bewusst machen, dass man diesen auch Einhalt gewähren kann und im Moment nur einen Angstanfall hat. Man kann die Beschwerden beeinflussen, indem man sich klar macht, dass die Situation nicht lebensbedrohlich ist und die Attacke vorübergeht. Es ist hilfreich langsam ein- und auszuatmen und sich abzulenken.
Was verursacht die Attacken?
Panikattacken scheinen aus dem Nichts zu kommen, oft sind es harmlose körperliche Veränderungen oder Umweltfaktoren wie Menschenansammlungen, die fälschlicherweise als bedrohlich interpretiert werden. Es macht sich leichte Angst breit und der Körper reagiert beispielsweise mit schnellerer Atmung. Gesunde Menschen beruhigen sich rasch wieder. Bei den Betroffenen schaukelt sich dagegen das unwohle Gefühl zur Panik auf. Besonders anfällig sind die Patienten, wenn sie emotional im Stress sind, zum Beispiel, weil sie sich oft mit dem Partner streiten oder die Arbeit verloren haben. Überdies fördern Alkohol, Tabak und
Koffein die Attacken.
An sich können die Anfälle überall auftreten, oft sind es jedoch große Plätze, Menschenmassen, Züge oder Lifte. Aus Angst vor einem neuen Ausbruch meiden die Betroffenen die Orte, wo sie schon mal Panik hatten, oder besuchen sie nur noch mit Begleitung oder Medikamenten. Das Problem: Solange man nicht die Erfahrung macht, es auch alleine zu schaffen, bleibt die Störung erhalten. Isolation und Arbeitsplatzverlust sind häufige Folgen.
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Welche Therapien helfen?
Sehr guten Behandlungserfolg bei Panikattacken zeigt die kognitive Verhaltenstherapie. Hier wird der Patient über seine Krankheit aufgeklärt: Wie entsteht sie? Welche Symptome sind typisch? Wie häufig ist die Krankheit? Der wichtigste Baustein der Therapie ist es, Panikattacken bewusst immer wieder auszulösen, beispielsweise durch schnelle Atmung. Dabei lernt der Patient, dass er die Kontrolle über seinen Körper hat und dass der Auslöser nicht ein
Herzinfarkt oder etwas anderes bedrohliches ist.
Oft kommen zusätzlich Psychopharmaka zum Einsatz. In der Regel fällt die Wahl auf selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI). Nutzen diese nicht, verschreibt der Arzt Benzodiazepine. Hier besteht jedoch die Gefahr der Abhängigkeit. Ferner können eine Psychoanalyse oder tiefenpsychologisch fundierte Therapie helfen, insbesondere wenn ein Kindheitstrauma vorliegt. Sport und Selbsthilfegruppen sind eine gute Ergänzung.
Wer ist betroffen?
Panikattacken treten großenteils bei jungen, vermehrt weiblichen, Erwachsenen erstmals auf. Heute weiß man, dass es eine gewisse Veranlagung für Panikstörungen gibt und dass ein gestörter Haushalt der Botenstoffe im Gehirn die Entstehung fördert. Ebenfalls häufig haben die Betroffenen wenig Vertrauen in sich und das Leben, Schwierigkeiten Stress abzubauen, ein schweres Trauma in der Kindheit erlebt, beispielsweise sexuellen Missbrauch, Gewalt, den Tod eines Elternteils oder
Alkoholprobleme in der Familie. Doch nicht nur schwere Erlebnisse in der Kindheit, sondern auch bei Erwachsenen gelten als Ursache.
Wichtig zu wissen: Panikstörungen können auch bei Kindern auftreten. Häufig haben sie Trennungsangst oder einen Elternteil, der ebenfalls an Panikattacken leidet. Dies verunsichert die Kinder und sie übernehmen die Ängste. Wichtig ist es, diese Ängste der Kleinen ernst zu nehmen und früh – unter Einbezug der Eltern – zu behandeln. Sonst können diese chronisch werden, weitere psychische Probleme mit sich bringen, die Entwicklung stören und sich negativ auf das soziale Umfeld auswirken.